Ein höchst interessantes Reimschema

Sri Chinmoy’s Gedicht vom 14.Dezember enthüllt ein höchst interessantes Reimschema aus abccab, wo die ersten beiden Zeilen als Refrain am Ende wiederholt werden, was ein Ringmuster erschafft:

Gott und ich haben die gleichen Wünsche, Tag ein, Tag aus. Wir wollen voneinander gesucht werden, und wir wollen einander innigst umarmen. Gott und ich haben die selben Wünsche, Tag ein, Tag aus.

Ein intensiveres Lesen des Gedichtes legt jedoch die Tatsache frei, das die Stellungnahme des Poeten, die von ihm zur Umrahmung genutzt wird, verschiedenste Beiklänge hat, je nachdem wo sie ihren Platz hat. Am Anfang sind wir neugierig, was Gott der Eigentümer des Universums, wollen möge, was der Sprecher auch mag. Was könnte Gott wohl auch ‚mögen‘? Dies ist ein Wort das wir auschließlich mit weltlichen Dinge verbinden. Was könnte dann das unersättliche Verlangen sein, das sowohl von Gott als auch Mensch Tag ein, Tag aus erstreben?

Der Poet bietet eine zweifache Antwort. Im ersten Teil gibt uns der Poet ein erhabenes und mystisches Bild eines Versteckspiels zwischen Liebendem und Geliebtem. Wer jedoch sucht und wer findet? Es scheint als ob sowohl Mensch als auch Gott vom anderen gefunden werden wollen. Jeder der beiden nihmt eine passive Rolle ein, sie wollen gesucht, nicht gefunden werden. Dies ist ein sicheres Rezept dafür, wie beide für immer getrennt bleiben!

Der Poet kommt dann zum 2.Teil des gemeinsame Wunsches von Gott und Mensch: ‚wir wollen einander innigst umarmen.‘ Der ungewöhnliche Gebrauch des Adjektivs ‚innigst‘, anstatt dem vermuteten ‚eng‘, läßt eine Vereinigung annehmen, wo nicht die kleinste Kluft zwischen Gott und Mensch bleibt.

Und doch läßt uns das Gedicht in einer scheinbar ausweglosen Situation zurück. Beide Seiten leben nur für diese Vereinigung, jedoch solange beide darauf warten vom anderen gesucht zu werden, kann diese nicht stattfinden. Dies ist der Grund, warum die Wiederholung der Eröffnungszeile zum Ende des Gedichts eine Aura unerfüllter Wünsche davonträgt. Es bleibt eine Traurigkeit zurück, die den Leser zur Prüfung seines eigenen Herzens zwingt. Klarerweise kann es nur einen Ausweg aus diesem unglücklichen Dilemma geben: eine Seite muß sich bereiterklären zu suchen , die andere gesucht zu werden .

Indem der Leser dazu aufgefordert ist, eine Lösung des Gedichts zu finden, bringt uns Sri Chinmoy dazu, uns aktiv zu beteiligen. Seine Gedichte sind keine Übung in Vermutungen, halbdefinierten Sehnsüchten oder Emotionen. Er schreibt mit einem einzigen Ziel und dies ist den Suchenden zu einer anderen Realität zu erwecken. In diesem Fall präsentiert er ein sehr nachhaltiges Bild des Menschen und Gott, die ein Versteckspiel spielen, aber nicht über das Verstecken hinauskommen. Wo ist dann das Spiel? Wenn wir direkt antworten, dann kann das Spiel jederzeit gespielt werden.