Ein Philosopher-Poet

temple - from Sri Chinmoy Centre Galleries

In seinem Gedicht vom 28. Oktober stellt Sri Chinmoy ein philosophisches Dilemma von überraschender Komplexität dar:

Durch die Schuldzuweisung meines Misserfolg-Lebens Was erreiche ich? Ich bin ein Narr! Ich stärke nur meine Angebundeneits-Kette.

Hier versucht der Poet nicht das Misslingen des Lebens zu lösen oder gar anzugeben, sondern versucht eher darauf hinzudeuten, wie wir uns mit dem Misslingen versöhnen können. Misslingen ist ein bestehender und vielleicht unvermeidbarer Teil des menschlichen Lebens. Unsere menschliche Neigung ist jedoch, die Verantwortung für unsere Fehler auf andere abzuschieben. Wenn wir es nicht akzeptieren, daß die Samen für das Misslingen in uns selbs liegen, dann beschuldigen wir unentwegt andere für unsere Fehler.

Der Poet fragt, was wir durhc die Schuldzuweisung an andere erreichen können. Die Antwort ist, daß wir dadurch nur die Ketten, die uns an die Dinge dieser Erde binden, stärken. Auf vielfache Weise ist Schuldzuweisung der negative Ausdruck von unerfüllten Wünschen. Es zeigt uns, daß wir weiterhin an das Ergebnis unserer Bemühungen anhängen.

In der Bhagavad Gita , rät Sri Krishna Arjuna selbstlos zu arbeiten und nicht den Früchten der Handlungen anzuhängen. Durch diese Methode erreicht er wirkliche Loslösung, was nichts anderes als innere Freiheit bedeutet. Sri Chinmoy’s Gedicht bringt lebendig die Gefahren dieses Anhängen zur Sprache. Er macht hier anschaulich das Gefangensein des Verstandes mit seinem wundervoll konkreten zusammengesetzten Substantiv ‚Angebundenseins-Kette‘, sogar soweit gehend den Eindruck zu vermitteln, daß die Bindungen sich um den Sprecher straffen.

Daher sein Bekenntnis, ‚Ich bin ein Narr!‘, daß in der 3.Zeile von ihm ausgeworfen wird wie ein Protestruf, seine innere Wahrheit ausdrückend, daß der Schlüssel zu innerem Frieden in ihm selbst liegt. Gleichgültig, ob die Ergebnisse seiner Handlungen als Erfolg oder Misserfolg enden, sie müssen beide gleichgülitg akzeptiert werden.

Durch das Halten des Gedichts in der 1.Person ist das ganze Drama mit seinen Anspielungen auf Sklaverei und Einkerkerung nach innen gerichtet.

Das Gedicht ist umgehend und persönlich, während es zur selben Zeit nichtspezifisch verbleibt. Diese durchdachte Szenenarmut gibt Sri Chinmoy’s poetischen Bildern die Art von außergewöhnlicher dramatischer Kraft, wenn die Landschaft auf kahle Umrandung reduziert ist. Mit der Vorstellung das seine Leser sich so aktiv damit beschäftigen, ist es nur natürlich für diese, daß sie das Bild umdrehen und sich vorstellen, daß die Ketten dahinschmelzen, sobald der Sprecher aufhört, die Welt zu beschuldigen. Und Vorstellung, wie uns sooft der Philosoph-Poet errinert, ist die natürliche Vorwegnahme der Realität.